30-05-2014 – Yellowstone, wir sind bereit

Der Morgen beginnt für mich schon etwas früher. Da der Ranger mir gestern den Tip gab, sich den Lake Jenny beim Morgengrauen anzuschauen, bin ich heute sogar noch vor der Sonne wach. In meiner Erinnerung hatte Tina zwar auch Interesse an meiner kleinen Touridee und ich bin mir auch sicher, dass sie wach ist, aber ich bestehe nicht drauf und mache mich lautlos auf den Weg.
Da ich die Bilder augenblicklich nicht dabei habe, kann ich nur meinen Eindruck des Ausflugs wiedergeben. Es war kalt, ich war nicht allein und der See war ein wirklich berauschender Anblick. Also menschenleer war es schon, aber um die Uhrzeit gehört das Land noch der Natur, den Bisons und den Rentieren. Die wiederum stören sich ganz und gar nicht an Autos und latschen einfach dahin, wo se hinwollen. Aber ein Auto hat ja Bremsen, nicht wahr..

Den Rentieren gehört die Dämmerung
Den Rentieren gehört die Dämmerung
Und mir gehört die Straße
Und mir gehört die Straße

Auf jeden Fall habe ich den Ausritt nicht bereut, muss aber auch zugeben, dass ich mich, als ich dann wieder im Motel war, auch noch mal ganz kurz hingelegt habe.. Vielleicht ist mir sogar ein Auge zugefallen. Jedenfalls bin ich mir ziemlich sicher, dass wir ganz schön rumgetrödelt haben, bis wir endlich das Motel verließen. Ich sage mal so, bei mir kann ich das ja verstehen, bin ja verdammt früh aufgestanden, aber bei meiner Begleitung.. Für Tina war das wahrscheinlich der erste richtige Urlaubsmorgen. Lange ausschlafen und sich nur langsam zusammentütern..
Frühstück gab es noch kurz in Jackson. Ein hipper auf europäisch machender Laden.. Sah nett aus und schmeckte gut. Besser als die erste Idee.. Die Dairy Queen am Ortseingang. Wir waren sogar schon drin. Da der Laden uns aber umgehauen hat, Dennys ist dagegen richtig wohnlich, sind wir schnurstracks wieder raus.

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Durch und Durch auf Urlaub eingestellt, machen wir uns nun auf den Weg zum Teaton National Park. Vielleicht sehen wir ja ein paar Bisons und den Jenny Lake muss ich meiner Begleitung ja auch noch stolz zeigen. Wir haken einige Punkte unseres Reiseführers ab, unter anderem ein zwei Geistersiedlungen und siehe da, plötzlich stehen da Bisons aufm Weg.

Erinnert mich spontan an Helge Hahnemanns Megahit „Da steht ein Bison aufm Flur“ (bei näherer Recherche wurde dieser Megahit wohl eher von Klaus & Klaus performt.. Mist..). Das Schöne ist, der Amerikaner kann sich genauso für diese Tiere begeistern wie wir, würde aber nie aussteigen, dafür aber viel dichter mit dem Auto ranfahren. Man kann ja versuchen, Bilder von den unter fettem Fell liegenden Poren zu machen. Die Tiere selbst fühlen sich doch dadurch nicht im geringsten bedrängt.. Dennoch, auch wir machen blöde Bilder und können uns nur schwer von dem Anblick trennen. Die Anschließende erste Siedlung der Gegend, errichtet von den Mormonen überfahren wir glatt. Zu viele Leute und ich habe noch einen Satz aus dem Reiseführer im Kopf. An dieser Siedlung befindet sich der beliebteste FotoHotSpot.. Ich mein, sieht wirklich nett aus. Holzscheune, Bäumchen und im Hintergrund das Gebirge, aber heute nicht, wir fahren weiter zum See. Außerdem, mir würde auf dem Bild ein Katze fehlen.

Am See angekommen, wollen wir glatt noch ein wenig wandern. Als Ziel wurden die Hidden Falls und irgendein Punkt namens Observation Point avisiert.. Wir wandern also los.. Die Zeit im Übrigen auch. Gegen halb vier erreichen wir den Bootsanleger auf der anderen Seite des Sees. Zu diesem Zeitpunkt haben wir weder die Hidden Falls, noch diesen interessanten Aussichtspunkt erreicht. Das letzte Boot fährt um vier.. Hmm… Wir rechnen mal kurz durch. Wenn Boot weg, noch 5 Meilen um den See bis zum Auto. Schon ca 4 Meilen in den Knochen und mit Boot nur zwei Meilen zum Auto. Schlafplatz haben wir auch noch keinen und der Weg zu den Hidden Falls ist zugeschneit. Macht? Wir gehen so lange in Richtung der Hidden Falls, wie wir wieder brauchen, um zum Boot zu kommen, denn das wollen wir wirklich nicht verpassen. Der Weg bergauf ist, auch wenn noch einiges an Schnee liegt, echt schön. Die Wasserfälle kann man auf jeden Fall erahnen, denn der Weg wird von einem ziemlich wütenden Schmelzwasserbach begleitet. Da dieser Teil des Weges eine wunderbare Abwechslung zu den letzten 3 Meilen darstellt, sind wir beide uns beim Umkehren zum Boot einig. Schade.. aber es ist ja schon so spät. Wäre man bloß früher aufgestanden.

Glücklich, dass es dort eine Abkürzung um den See gibt
Glücklich, dass es dort eine Abkürzung um den See gibt

Am Boot angekommen, haben wir kurz das Gefühl, dass es echt richtig knapp war. Die letzten Meter sind wir sogar ziemlich schnell gewandert. Der Kahn wartet aber noch 5 Minuten.. Tss Tsss.. Pünktlichkeit.. Liegt aber wahrscheinlich an der Besatzung. Der Kahn wird von drei jungen Männern geführt. Bei uns, also in der selbsternannten Partyhauptstadt, würden die Vögel als sog. Hipster durchgehen. Vollbart, Baseballmütz und Holzfällerhemd.. Aber ich denke, hier gehört das zum guten Ton. Als wir abgelegt haben, verstehe ich irgendein Genuschel bezüglich Fahrpreis und so.. Me
ine Begleitung wird nervös und ich bin wieder am Beruhigen. Ich meine, wenn wir uns nicht melden, bezahlen wir möglicherweise auch nichts. Wär doch schön und von dem Gesparten kauf ich dir ein Stück Kuchen.. Die Strategie zieht nicht und am Ufer angekommen wird uns die Entscheidung auch abgenommen. Dort müßen wir uns durch einen Counter zwängen und bestenfalls unsere Hin & Rückfahrkarte vorzeigen. So kommen wir doch noch in den Genuß, die Tour zu bezahlen und ich spare mir den Kuchenkauf.

Erster Einheimischer ohne Baseballmütze
Erster Einheimischer ohne Baseballmütze

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Der restliche Weg am Ufer entlang ist zwar auch nicht gerade kurz, aber meine Begleitung erinnert sich an eine Tüte im Auto. Irgendein Depp hat heute Morgen sogar noch Kuchen gekauft.. Gegen sechs und beinahe schon wieder mutlos, erreichen wir den Wagen und fallen über den Kuchen her. Ein wenig gestärkt geht’s auf in Richtung Yellowstone. Kaum fahren wir vom Parkplatz runter, gibs einen weiteren Aufreger. Wir sehen unseren ersten Bären. Er trottet seelenruhig über die Straße.. Sieht putzig aus. Wir schauen ihm zu und denken, müßten wir jetzt nicht irgendwem Bescheid sagen? Stand nicht irgendwo geschrieben, dass die Jungs das hier nicht so cool finden, wenn die süßen Bären einfach über die Strassen trotten und sich anschließend in der Nähe des Anlegestegs verstecken. Ach, komm, der tut doch niemandem was. Wir fahren weiter. Ich habe mir noch ein zwei Fotopunkte vorgemerkt. Wir halten unter anderem in der Oxbow Bend. Zu sehen gibs hier einen sich schlängelnden Fluss und die Felsen im Background. Reißt einen aber auch nicht mehr um..

Die berühmte Oxbow Bend.. Reisst einem nach so nem Tag aber nicht mehr.. ;)
Die berühmte Oxbow Bend.. Reisst einem nach so nem Tag aber nicht mehr.. 😉

Der Tag war mal wieder ein wenig zu voll gestopft mit Eindrücken, wobei ich immernoch an den putzigen Bären denke und mir vorstelle, wie wir Beide am See umhertollen und uns gegenseitig mit dem gefangenen Fisch, vielleicht ausnahmsweise auch Touristen, bewerfen.. Herrliche Vorstellung..

Ab geht’s in den nächsten Park. Weit ist es ja nicht mehr. Nach einer Stunde fahrt erreichen wir das Eingangstor des Yellowstone Parks. Freude keimt auf.. Diese wird aber auf den nächsten Meilen umgehend erstickt, bzw. erfroren. Die Straße ist gesäumt von Schnee. Alter Schnee, aber das macht bei Schnee wenig Unterschied. Der wundervolle Yellowstone Lake zu unserer Rechten, in Teilen noch zugefroren. Die Sonne, dem Untergang nah.. Unser Plan, Zelten. Mir graut es echt, doch Tina bleibt unverständlicher Weise völlig ruhig und freut sich beinahe. Wir steuern den Bridge Bay Campground an. Am Kassenhäuschen laufen die Leute tatsächlich noch relativ leicht bekleidet rum. Gut, es sind ja auch noch 60Grad Fahrenheit.. Weiß gar nicht, warum ich meine Shorts nicht anhabe. Nun ja, vielleicht ziehe ich mich ja noch um. Wir erhalten den Campground mit der Nummer 77. Dort angekommen, wird eine Sache ganz schnell klar. Der Platzwart schaut sich seinen Platz bestimmt nicht jeden Tag an. Platz 77 ist überflutet.. Das Wasser steht hier ca. 10cm hoch und das wirklich genau dort, wo unser Zelt hinmüßte. Und nu? Wir gehen ein Stück weiter hoch. Platz 85 sieht gut aus, bzw. besser.. Eine andere Sache wird auch schnell klar, meine kurze Hose zieh ich heute nicht mehr an. Wir also fix zum Platzwart. Glück gehabt, der Platz ist noch frei, allerdings nur diese eine Nacht. Macht nichts, nehmen wir. Können ja morgen nochmal umziehen oder so. Jetzt erst mal flink das Zelt aufbauen, denn die Sonne ist auch kaum mehr zu sehen.. Mittlerweile sind wir aber so routiniert, da geht der Aufbau flink und wir schreien uns auch gar nicht mehr so unkontrolliert an.

Zelten?! Im Wasser???
Zelten?! Im Wasser???
Arschkalt, aber auch wunderbar..
Arschkalt, aber auch wunderbar..

Zisch.. Erstmal ein Bier und ab an den See. Die letzten Lichtstrahlen einfangen. Ich friere mir zwar jetzt schon fast den Arsch ab, aber der Blick über den See läßt uns das für eine Bierlänge vergessen. Großartig.. Zurück am Zelt stopfen wir uns zwei Sandwiches rein und gucken noch ein wenig Bilder der Vortage. Schnell wird auch hier klar. Kälte macht vor dem Zeltplatz kein halt. Wir entschließen uns zu einem „WerdWarmUndDannAbInsBett“ Spaziergang. Klappt soweit ganz gut und die ersten Minuten im Schlafsack sind sogar so angenehm, dass wir einschlafen.

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Lächerliche 95 Meilen, aber ereignisreich mit vielen Abstechern
Lächerliche 95 Meilen, aber ereignisreich mit vielen Abstechern

Gute Nacht