Archiv der Kategorie: USA 2014

29-05-2014 – Es gibt hier verdammt viel Einöde und ein kleines bisschen Hoffnung

Ding Dong.. Der Wecker klingelt. Wir sind allerdings schon wach, vor sechs und das trotz Zeitumzonenwechsel. Verrückt.. Allerdings scheine ich ein wenig wacher als die Tina und entsinne mich, dass ich am Eingang dieses verrückten Ortes einen Tuningladen gesehen habe. Ich lasse Tina also noch ein wenig rumschlumpfen und mache mich mit der Kamera auf den Weg. Mein Weg führt mich natürlich erstmal zu einem Kaffeeladen und anschließend völlig entspannt weiter zu dem Autoladen. Auf dem Weg dorthin entdecke ich noch ein zwei andere Motive..

Hunts Autoladen in Ontario.. Sehr zu empfehlen..
Hunts Autoladen in Ontario.. Sehr zu empfehlen..
Der andere Laden hat dem wenig entgegenzusetzen
Der andere Laden hat dem wenig entgegenzusetzen

Ich komme bei meinem Frühsport auf alle Fälle voll auf meine Kosten. Gegen 8 bin ich wieder am Motel und siehe da, meine liebste Begleitung ist och schon abfahrbereit. Wir werfen noch einen kurzen vernichtenden Blick auf unsere Abrissbude und machen uns auf die Suche nach einem Frühstück. Wir landen zwei Meilen weiter bei Dennys. Ist nicht schlimm, sondern lecker, jedenfalls in der Regel. Heute packt uns mal wieder die Entdeckerlust und wir bestellen neben einem Standardfrühstück mal wieder was Verrücktes. Wir bestellen Grits.. Und bereuen es umgehend, denn bei Grits handelt es sich um ekelhaften Grießbrei oder besser, um geschmacklose Grütze.. Pfui.. Aber wir hatten glücklicherweise auch noch etwas mehr bestellt.

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Beim Verlassen des Etablissements fällt mir auf der anderen Strassenseite ein Wagen auf und wir schlendern hinüber. Es handelt sich um einen ziemlich gut hergerichteten alten PickUp. Der Besitzer ist ebenfalls vor Ort und wir kommen ins Gespräch.. Er ist sehr stolz auf sein Fahrzeug, denn es handelt sich hierbei wohl um einen ziemlich seltenen 44er Buick PickUp, der speziell für die AirForce entwickelt wurde. Ein feines Gerät und die Bilder auf jeden Fall wert.

Ich weiß noch, dass ich versucht habe ein Video mit der Cam zu machen, als der Wagen laut knatternd vom Parkplatz rollte. Aber die Technik hat mich alt aussehen lassen. Ich komme wohl langsam in das Alter, wo man dann doch mal die Anleitung studieren sollte.
Es ist jedenfalls kurz nach neun und wir machen uns auf den Weg. Das heutige Tagesziel heißt Jackson und ist unsere letzte Station vorm Yellowstone National Park.

Wie das Leben so manchmal spielt. Wir sind kaum eine halbe Stunde in Fahrt, haben noch nicht einmal Idaho erreicht, da muss ich schon wieder eine Pause einlegen. Typisch, oder? Aber mal ehrlich, in Nampa gibt es ein Luftwaffenmuseum. Eines mit echten alten Flugzeugen, die auch mal geflogen sind und mit großem Peng andere Flugzeuge kaputt gemacht haben. Sowas kann man sich doch nicht entgehen lassen und außerdem liebe ich meine Begleitung wirklich sehr.

Der Weg zum Air Museum war gespickt mit Fallen
Der Weg zum Air Museum war gespickt mit Fallen

Wir biegen also auf den Umweg ein und kurze Zeit später auch auf den Parkplatz des Museums. Zu unserem, vielleicht auch nur meinem Bedauern, hat das Museum erst ab 10e geöffnet und wir haben es gerade mal kurz vor 9.. Also gut, wir fahren weiter..

In Anbetracht der uns nun wieder begegnenden Monotonie, hätte man vielleicht doch warten sollen, dann hätte man für den Rest des Tages Gesprächsstoff gehabt. So besteht unser einzig funktionierender Abzweig von der Strecke im Besuch der Shoshonen Wasserfälle. Ein nettes Ensemble von runterfallendem Wasser und wie wir später erfahren, neben Kartoffeln, so ziemlich die einzige Attraktion von Idaho.

Gäääähn..
Gäääähn..
Zeit, den Fahrer widerrechtlich  zu knipsen
Zeit, den Fahrer widerrechtlich zu knipsen

Die nächsten großen Kracher, die Idaho Falls und den gleichnamigen Ort lassen wir glatt links liegen. In der Nachrecherche ziemlich bedauerlich, sehen die Bilder im galaktischen Reisefüher vielversprechend aus. Aber das wußten wir ja nicht.. Wir nutzen Idaho Falls zum abbiegen. Ab jetzt ist Schluß mit dem Superhighway und es beginnen wieder die kleineren Straße. Wir fahren auf dem Highway 26 und neben uns schlängelt sich der Snake River. Am Horizont können wir schneebedeckte Berge sehen und alsbald führt es uns nach links weg. Nun fahren wir gerade auf das immer größer werdenden Gebirge zu. Ein zauberhafter Anblick, auch wenn man sich vorkommt, als würde sich der Wagen nicht einen Meter näher an die Bergkette bewegen.

Es erwartet uns Großes
Es erwartet uns Großes

Nach ewigen, aber wunderschönen Meilen erreichen wir die Berge und schrauben uns Fuß für Fuß in die Höhe. Und plötzlich passiert es wieder. Wir überschreiten eine weitere Grenze. Mit einem Schlage sind wir nicht mehr in Idaho, sondern in Wyoming. Rechts und Links neben unserem Pfad aus schwarzem Asphalt türmen sich Schneeberge und unsere Mitstreiter in dieser kalten Stunde schleichen mal wieder als befänden wir uns im Hochwinter, dabei ist der Asphalt frei von Schnee und sehr griffig. Gefrustet halte ich am höchsten Punkt der Straße an und wir realisieren, dass wir uns auf dem Teton Pass bewegen und gerade jetzt auch noch am höchsten Punkt desselbigen. Zur linken türmt sich Mount Glory in die Höhe und der Blick ins schneebesiffte Tal macht einem auch schnell klar, das ein T-Shirt hier nicht die richtige Kleidungswahl ist.

Ab diesem Punkt geht es nur noch Bergab und auch unser NAVI ist der Meinung, das wir gar nicht mehr weit von unserem Tagesziel entfernt sind. Gegen halb 6 entern wir die Stadtgrenzen von Jackson. Steht jedenfalls so im Tagebuch. Gut, wir sind also plötzlich nach 7 Stunden Fahrt in Jackson. Die Einheimischen nennen diesen Ort Jacksonhole und ich weiß mit diesem Namen wirklich überhaupt nichts anzufangen. Wir suchen uns erstmal nen Ort, an dem wir auftanken können und aufs Internet zugreifen können. Wo landet man dann? Richtig in einem Starbucks.. Hatte ich eigentlich schon erwähnt das Jackson so ein volle Kanne Urlaubsort ist. Hier geht im Winter bestimmt richtig die Luzi und Lederhosen kannste dir im Laden um die Ecke auch kaufen.. Um es kurz zu machen, ich fühle mich, nachdem auch der letzte Ort ein wenig zu wünschen übrig ließ, auch hier nicht wirklich wohl. Mit einem CaramelMacchiato in der Hand sehen die Wolken am Himmel allerdings nicht mehr so grau aus. Nach endloser Suche und der Erkenntnis, dass wir uns im Stadtzentrum nichts leisten wollen und.. Na ja, auch nicht können, finden wir am Stadtrand ein Motel mit annehmbaren Preisen. Dort angekommen, lichtet sich meine Laune zusehends, denn dieses Motel ist ein Glücksgriff. Zwar ein wenig außerhalb, aber gerade genug außerhalb, um mir das Gefühl zu geben, wir seien inmitten der Natur. Über die angrenzende Straße rüber und du stehst an einem glänzenden See, der wiederum von eingerahmt von mittleren Samthügeln daherkommt. Traumhafter Anblick..

Hatte ich erwähnt, dass meine Begleitung den Ort schau fand? Schon die ganz Zeit..!!! Macht ja nichts, ich werd ja auch langsam warm mit Jacksonhole (nicht schwul gemeint).
Nachdem klarmachen des Zimmers brechen wir wieder in Richtung Stadt auf. Die erste Station ist das Visitor Center. Im Allgemeinen halte ich viel von diesen Centern. Geben Sie dir doch allemöglichen Information zu der dich umgebenden Natur, die man sich ansonsten teuer erkaufen müßte, aber an so einem Ort. Was erwartet einen da. Wird einem gesagt in welchen Bars man aufpassen sollte, wo das Bier am kühlsten ist? Ich weiß nicht. Wir also rein und rumgeschnökert. Schnell wird klar, mir jedenfalls, Tina wußte das wahrscheinlich schon die ganze Zeit, dass wir uns eigentlich an einem ziemlich spannenden Ort befinden. Kurz vor dem Teaton National Park und quasi vor den Toren zum Yellowstone National Park. Wir befragen den Ranger, was er uns empfehlen würde. Er antwortet, Bärenspray.. Aha, und wo würden Sie morgen wandern gehen? Er, ohne Bärenspray nirgendwo außerhalb der Stadt. Alles klar.. Und gibs das hier? Ja, aber ich würde woanders hinfahren. Im BlaBla Store am anderen Ende der Stadt ist es viel billiger. Okay.. Und dann, wo würden Sie dann wandern gehen..
Wir bekamen einige gute Tips, auch schon in Vorgriff auf den Yellowstone und unsere Zeltpläne. Zum einen wußte ich nun, dass ich morgen vor dem Sonnenaufgang schon im Auto sitzen werde und dass wir uns noch Thermoklamotten einkaufen sollte. Wir uns herzlich bedankt und auf in die Suche nach dem BlaBla Laden. Nebenher noch ein Auge offenhalten, ob sich in diesem Ort nicht auch noch ein Laden finden läßt, in dem so Outdoorgeraffel verkauft wird und gerne auch zu Preisen, die ich bezahlen mag. Ach, da war doch noch etwas. Um die Zeit nicht langweilig werden zu lassen, es war schon dreiviertel Acht. Die Geschäfte schließen um Acht. Man man man.. Aber wir sind ja gut in solchen Situation. Nach wenigen Meilen entdecken wir tatsächlich den BlaBla Grocerie. Wir kaufen das Spray, was wirklich ungemein günstiger daher kam und noch eine Kleinigkeit fürs Frühstück.. Dann Flugs zurück in den Wagen und wieder zurück. Der erste hastige Stop bei einer Mall sieht nicht nach Thermowäsche aus.. Die Zeit rennt weiter und ich friere innerlich schon geradezu. Aber auch hier haben wir Glück. Eine Meile weiter runter ein weiterer Laden, sieht aus, wie bei uns die.. hmm.. Richtig, Intersport Läden. Die räumen allerdings schon die Aufsteller rein. Also schnell sein.. Wagen abstellen und reinflitzen. Drinnen werden wir schnell fündig, allerdings finden wir nur Thermooberteile und keine passenden Hosen. Tina bietet mir einer ihrer Strumpfhosen an.. Aha.. Wird schon nicht so schlimm, denke ich und wir hatzen gerade noch rechtzeitig an die Kasse. Bezahlen.. Peng… Da passiert es, meine Visa versagt ihren Dienst und Tina muss einspringen. Denken uns erstmal nichts dabei und fahren nach der erfolgreichen Jagd beruhigt zurück ins Zentrum.

Völlig unaufgefordert, wollte jemand von uns ein Bild machen.. Verrückt, aber auch sehr herzlich
Völlig unaufgefordert, wollte jemand von uns ein Bild machen.. Verrückt, aber auch sehr herzlich

Nachdem wir den Wagen geparkt haben, bleibt Tina vor einem Laden stehen, der Photos im Westernstil anbietet. Sieht nett aus, aber der Laden macht gerade zu. Der herausplumpsende Besitzer sieht Tinas Blick und wir unterhalten uns kurz. Leider habe ich von dem Gespräch nur noch die Antwort auf meine letzte Frage behalten. Die Antwort lautete, geht doch ins Snake River Grill am Markt, da gibs das beste Steak. Wie war wohl meine Frage? Wir schlendern also weiter.. So im Dunkeln macht das Örtchen schon ein wenig mehr her. Insbesondere ein Laden fiel uns ins Auge. Ein äußerst aufdringliches Neonschild zeugte von großem Selbstbewusstsein und wir wurden beim Eintritt nach unserem Ausweis gefragt. Innen aufgebaut wie ein stickiger Saloon und dann doch nicht gerade einladend. Wir machten kehrt und wieder auf die Suche nach der Empfehlung des Einheimischen. Gar nicht weit weg haben wir auch die entdeckt.. Nun denn.. komisch sah der Laden aus und vor allem auch die Leute, die da so raus und reingingen.. So Dallaslike.. Aufgedonnert bis zum Mond, aber schon Ende 40.. Und dann die Karte.. Fisch, toller anderer Blödsinn, aber nur ein Steak. Ich gehe mal lieber fragen. Freundlich, aber irgendwie doch bestimmt, wird mir zu verstehen gegeben, dass es hier nicht nur keine Steaks gibt sondern auch nicht für Publikum wie uns gemacht ist. Dabei war das von der Kellnerin nicht böse gemeint. Wir wollten uns beide nur schützen.. Auf jeden Fall hatte sie einen guten Tip. Ein Laden namens Locals, direkt am Markt neben dem auffälligen Saloon. Der Laden gefällt und das Angebot auch. Ich bekomme endlich ein würdiges Stück totes Tier.. War das eigentlich mein erstes diesen Urlaub? Muss glatt mal nachgucken. Tina nimmt das Filet Mignon und ist ebenfalls begeistert. Auch der Nachtisch weiß zu begeistern.

So muss ein New York Strawberry Cheesecake aussehen.. Basta
So muss ein New York Strawberry Cheesecake aussehen.. Basta

Beim Bezahlen allerdings erreicht uns wahrscheinlich der amerikanische Alltag. Auch unsere zweite Kreditkarte verweigert ihren Dienst. Toll.. Was ist denn da los? Hat jemand unsere Kartendaten geklaut und die Konten geleert. Ich versuche zu beschwichtigen und meine, ich habe doch noch eine.. Klappt allerdings nicht wirklich und ehrlich gesagt, ich bin gedanklich auch nicht gerade beruhigt. Bezahlen darf ich aber dennoch mit der verbliebenen AMEX Karte. Auf der Fahrt zum Hotel ruft Tina unsere Bank in Deutschland an, mit erstaunlichem Ergebnis. Unseren Konten geht es gut, nur leider haben unsere Kreditkarten ein Limit. Aha und nun? Das Limit von 500€ ist aufgebraucht.. Der Typ am anderen Ende der Leitung macht den Vorschlag, dass wir ein Dokument aufsetzen sollten, in dem wir Betrag X auf die Konten überweisen lassen. Das Dokument dann unterschreiben und eingescannt an die Bank zu senden… Alles klar.. 22Uhr und weit und breit kein Drucker, Fax oder Ähnliches.. Letztendlich kritzelt Tina den nötigen Text auf ein A4 Blatt, wir unterschreiben und ich mache von den Zetteln ein Photo, dass wir anschließend per Mail versenden. Ok, jetzt heißt es bangen.. Obwohl, wenn das nicht klappt, bleibt doch noch meine American Express. Die hat kein Limit, wird komischer Weise kaum mehr irgendwo angenommen und Geld abholen geht damit auch nicht. Eben richtig sicher die Karte..

Gute Nacht

422 Meilen durch den Kartoffelstaat
422 Meilen durch den Kartoffelstaat

28-05-2014 – Die große Einöde

Leider habe ich die für den Tag entsprechenden Bilder nicht parat, daher wird dieser Tag erstmal nur aufgrund der Tagebuchaufzeichnungen und der unheimlichem Kapazität meines Gedächtnisses wiederhergestellt.

Was bisher geschah. Der gestrige Tag war eine gefühlte Woche, ein wirklich sehr langer Tag. Und dieser Tag? Dieser beginnt ebenfalls noch vor dem Wecker, der uns eigentlich regulär um 6 wecken sollte. Ist 6 Uhr nicht eine schöne Zeit zum Aufstehen und das auch noch im Urlaub? Ich bin mir sicher, dass ich mit dieser Ansicht ziemlich allein auf weiter Flur stehe und Mitreisende diese Einstellung eher als nervend betrachten, aber je länger so ein Tag wird, desto eher freut man sich, früh aufgestanden zu sein…

Wie auch immer, wir machen uns ganz in Ruhe fertig und schlendern rüber in Melitas Restaurant & Cafe. Eine echter Highway Trucker Stop, wenn es diesen Ausdruck überhaupt gibt. Drinnen sitzen auf jeden Fall nur Kerle und die Bedienung macht auch einen eher maskulin ruppigen Eindruck. Tina hat sich heute übrigens extra etwas sommerlich luftiges angezogen, weil die Sonne so schön in unser Zimmer gestrahlt hat. Tinas Outfit wirkt, wenn man davon absieht, dass sie allein auf dem Weg vom Zimmer zum Cafe gefroren hat, etwas deplaziert und dürfte einige der Trucker ziemlich nervös machen. Draussen stehen übrigens keine Trucks, nur ein PickUp. Verrückt..

Das Frühstück schmeckt jedenfalls und wohl genährt machen wir uns um halb zehn auf den Weg. Und der Weg ist lang.. sehr laaaang.. und vor allem langweilig. Wir fahren ca. 100 Meilen durch forstwirtschaftlich wertvolle Gebiete und die Strasse geht schnurstracks geradeaus. Ich werde müde.. Tina ist schon länger müde.. Einmal sehen wir kurz Pferde neben der Strecke. Wow.. Zwei Minuten später kehrt wieder die Einöde in den Wagen und mit ihr die Müdigkeit. Plötzlich erscheinen Häuser am Wegesrand.. Eine Stadt.. Eine Stadt.. Und auch eine Kaffebude. Endlich.. Ein wenig auftanken. Ein wenig munterer geht’s weiter und auch die Streckencharakteristik ändert sich ein wenig zum Positiven. Aber die Müdigkeit schafft es alsbald wieder sich mit in den Wagen zu drängen.

So sehen gelangweilte Pferde aus
So sehen gelangweilte Pferde aus

Den nächsten Halt legen wir in Bend ein. Dieses Mal ein richtiger Stop. An einem derart ereignislosen Tag kann man sich auch einfach mal in eine Mall stürzen und schauen, ob man nicht ein wenig Geld los werden kann. Wir tauchen ab in die angenehme Welt von Walmart. Einen Korb brauchen wir nicht. Wollen ja nur kurz was schauen und vielleicht ne Straßenkarte kaufen. An der Kasse haben wir allerdings am Ende neben dem RandMcNally Strassenatlas noch ne Grillzange und eine Lampe .. Den Süsskram zähle ich nicht einzeln auf, aber es sah mit Sicherheit witzig aus, wie wir da so ohne Korb und ohne freie Hand zum Bezahlen zur Kasse geschlendert kamen. Mittlerweile war es halb eins und als wir rauskommen, werden wir durch einen kurzen, aber heftigen Hagelschauer begrüßt. Ein Moment, in dem ich mich über den VW Passat freue..
Als der Schauer vorbei ist und wir zum Wagen können, muss ich feststellen, dass die Hagelkörner anscheinend nicht groß genug waren, der Wagen jedenfalls hat nicht die kleinste Beule. (würde meine vorherige Bemerkung gern streichen, aber gesagt ist gesagt.. Um es klar zu stellen, der Wagen leistet hervorragend langeweilige Dienste. Er ist zuverlässig und einfach zu bedienen. Eben typisch unaufällig und irgendwie sehr deutsch) Wir fahren weiter und ich zwinge Tina zu einem kleinen Umweg. Auf einem der großen Highwayschilder stand nämlich der Ortsname Redmond. Da klingelt doch etwas oder? Nein?! Da sitz doch das Evil Empire. Immernoch keine Idee? Aus Redmond stammt Microsoft. Die Firma, die mit ihrer phantastischen, innovativen und benutzerfreundlichen und ..grr Software fast alle Personal Computer der Welt in der Mangel hat. Kann man sich doch mal anschauen fahren oder nicht. Vielleicht sieht man ja Bill Gates und ihm fällt eine seiner ca 46.000 Millionen Dollar aus dem mit „Microsoft Rules“ bedruckten Jutebeutel. Obwohl.. Der ist doch noch aus einer Zeit, in der die Nerds mit Gürteltaschen umherliefen, oder? Nun gut, wir also auf dem 35 Meilen Weg nach Redmond.. In Redmond angekommen, erwarte ich eigentlich fette Hinweisschilder. So was wie: Microsoft nach rechts / Ungläubige links. Wobei der Weg links natürlich in einem tückischen Abgrund endet, den man erst so spät vor sich erkennt, dass Bremsen sinnlos erscheint. Biegt man hingegen rechts ab, landet zwar in der Hölle, aber erkennen kann man sie als solche nicht, denn sie ist einladend bunt, die Leute aufgeschlossen und hilfsbereit. Man möchte quasi umgehend hier bleiben. Aber, wir sehen nichts dergleichen. Das spannendste war ein Skateboardfahrer auf dem Freeway.

Echtes Redmon oben.. Wir.. Ähh.. Unten
Echtes Redmon oben.. Wir.. Ähh.. Unten

Mist.. Jetzt zurückfahren ist aber auch doof. Wir drehen zwar, biegen aber nach nicht allzu langer Fahrt einfach nach links in die Wallachhei, um abzukürzen. Wir wollen zum Highway 20 und das geht auch über kleinere Straßen, die sich als wirklich klein und abenteuerlich herausstellen. Nebenher bieten Sie aber auch Zeit für einen ganz kurzen Fotostop.

Ein 1968er Mercury Parklane.. Sehr fein anszuschauen
Ein 1968er Mercury Parklane.. Sehr fein anszuschauen

Die kleinen Straßen wollen allerdings gar nicht mehr enden und plötzlich beginnt es zu regnen. Toll, aber das wirklich Tolle war die Tatsache, dass der Asphalt nach dem Regen zu dampfen begann, da ihn die Sonne im Vorfeld zu sehr aufgeheizt hatte.

Das ist wohl der wilde, wenn auch öde Westen
Das ist wohl der wilde, wenn auch öde Westen

Die Sonne wechselte sich die nächsten Meilen sowieso andauernd fröhlich mit dem Regen ab und wir erreichen auch endlich den Highway 20. Damit erreichen wir aber auch die nächste Ebene der Langeweile. Sozusagen ein weiterer öder Meilenstein in der unendlichen Weite des amerikanischen Westens. Tina notiert im Tagebuch: Gegen die Orte an der 20 ist Meichow eine Weltstadt und MeckPomm ein Ballungsgebiet. Ich widerspreche dem nicht, sehe ich mich doch mit Miniwirbelstürmen neben dem Highway konfrontiert und auch die typischen „hierwarschonlangekeinermehr“ Westernstrohballen werden vom Wind über unseren Weg geblasen. Als Bespiel folgen einige Bilder der Ortschaft Brothers. Eine überschaubare Ansammlung von Häusern, die uns allerdings mit einem Kaffee und einer Toilette aufmuntern konnte.

Mehr als diesen Truckstop
Mehr als diesen Truckstop
und die Schule, können wir in Brothers wenig erkennen
und die Schule, können wir in Brothers wenig erkennen

Ganz plötzlich keimt allerdings wieder Leben in mir. Kurz vor Burns (der Stadt), fällt mir ein Schrottplatz ins Auge. Ich fahre zwar vorbei, meine aber auch, dass es sicher fein wäre, da mal ein paar Bilder zu machen. Tina meint, mach doch. Ich wende direkt und ohne Rücksicht.. Wir machen unseren stählernen Gaul vor dem Saloon fest und ich wage mich hinaus. Tina hält in der Kutsche die Stellung. Ich hingegen wage mich an die ersten Motive und drücke ab. Natürlich werde ich vom Platzwart bemerkt. Er verwickelt mich in ein kurzes Gespräch und ich ringe ihm die Erlaubnis ab, mich auch auf dem Rest des Geländes frei bewegen zu dürfen.. Yippie.. Ein wundervoller Schrottplatz. Die Wagen hier sind in einem traumhaften Zustand und der Himmel wolkenlos. Ich tobe fast eine ganze Stunde zwischen den Wracks umher, bis ich merke, dass es zuviel wird. Ich rette mich zu unserer Kutsche. Tina ist noch da. Sie liest und sieht halbwegs zufrieden aus. Ich komme auch langsam runter, bedanke mich bei dem Platzwart (im Gedanken, denn ihn selbst sehe ich nicht mehr) und wir fahren weiter.

Der erste Schuss ist gefallen
Der erste Schuss ist gefallen

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Ab Burns wird auch die Strecke wieder ein wenig interessanter, was allerdings auch an der tiefer stehenden Sonne liegen kann. Jedenfalls wird es hügeliger und die Sonne verwandelt die Hügel in samtbesetzte Kissen. Bloss nicht einschlafen.. In mitten der Samtkissen entdecken wir eine alte Bahntrasse. Die Trasse sieht original aus wie man sich das im wilden Westen vorstellt, selbst die Brücken machen hier keine Ausnahme. Die Bahnstrecke begleitet uns von nun an und macht die Fahrt dann doch noch zu einem kleinen Erlebnis, da es Spass macht, die Trasse im Auge zu behalten und zu sehen wo bzw. wie die Trasse sich in der alten Zeit durchs Land geschlängelt hat.

Auch fahrerisch wieder interessanter
Auch fahrerisch wieder interessanter

Langsam wird es spät, sogar noch später als gedacht, denn wir überfahren eine Zeitzonengrenze (keine Angst, auch hier niemand verletzt, man macht das in den USA eben so) und plötzlich ist es spät. Neben der Strasse gesellt sich zur Bahnstrecke noch ein silbrig glänzender Fluss und auch die Felsen erscheinen im Abendlicht wunderlich bunt. Wir halten kurz an, um die Gegend ein wenig wirken zu lassen. Allerdings wird es auch langsam Zeit für ein Nachtquartier. Der nächste Ort heißt Vale und ist wunderbar klein. Wir entscheiden hier zu suchen, aber unsere Wahl, das BATES Motel (bei wem klingelts?), ist leider ausgebucht. Das nächste Motel, was wir uns anschauen, sieht noch muchtiger aus, als das Bates. Der kleine Ort entäuscht uns und wir fahren weiter in die nächste Stadt. In Ontario angekommen, wünsche ich mich allerdings wieder in das kleine Vale zurück, denn diese Stadt hat so gar nichts, was mich zum Bleiben animiert, aber es ist spät und wir brauchen ein Bett.

Ohne Worte
Ohne Worte

Und jetzt wird das Tagebuch ein wenig dünn. Ich weiß, wir sind im Endeffekt auch in einem indischen Motel gelandet, aber ich weiß auch, wir waren bei mehreren Motels fragen und eines, auch von Indern betrieben, machte mir Angst. Der Chef hat auf meine Frage sofort den Vertrag rausgeholt, also ohne mir nen Preis zu nennen, dabei habe ich mit Sicherheit nicht nur nach einem Zimmer gefragt. Jedenfalls sah der Typ irre aus und holte dann auch noch seine Frau dazu, um mich festzunageln, als ich wiederholt nach dem Preis fragte. Als der Preis dann doch auf den Tisch kam, habe ich mich, immer mit Blick auf die Inder, wieder zum Auto begeben. Das Motel, für das wir uns dann entschieden haben, machte allerdings auch keinen deutlich besseren Eindruck. Vor dem Motel standen verschiedene Schrottkarren, die sicher keinen netten Leuten gehörten, aber so langsam war es egal, denn wir brauchten ein Bett und was zu essen.
Ich weiß auch noch, dass wir uns den Abend noch in die Innenstadt aufgemacht haben, um etwas zu essen und uns den Bahnhof anzuschauen. Gegessen haben wir dann bei einem Iren (absichtlich mit nur einem „R“ geschrieben). Tina hatte einen gar nicht mal so schlechten Burger und ich Rippchen. Spezialrippchen in lecker Biermarinade..

Nie wieder.. Ich fand die Marinade nicht lecker und die Rippchen darunter auch nicht, aber vielleicht waren die Rippchen gar nicht so schlecht, sondern nur die Marinade. Auf jeden Fall um eine Erfahrung reicher und vollgefressen genug, um in diesem fiesen Motel ein Augen zu zu bekommen.

Gute Nacht

400 Meilen und ganz wenig Spass
400 Meilen und ganz wenig Spass

27-05-2014 – Redwood National Park

erwache und lache
erwache und lache

Gong.. Meinen Damen und Herren, es ist 05:40, Zeit zum aufstehen. Potz Blitz, heute geht es aber gut hoch. Irgendwie waren wir aber auch schon wach.. Vielleicht, weil sich der kleine Grashüpfer vom Vorabend in unsere Träume geschlichen hat. Wie dem auch sei. Wir wollen grandiose Bilder von der lieben Sonne machen, wie sie sich Ihren Weg durch die Bäume bahnt und den Wald dabei zum dampfen bringt. So jedenfalls der Plan. Die Realität verarscht uns allerdings. Die Sonne versteckt sich hinter grauen Wolken und der Wald kommt eher trostlos als wärmend daher. Egal, wir packen alles Nötige und steigen ins Auto. Versuchen wir unser Glück eben am Enderts Beach. Ist einer dieser Geheimtipps aus dem großen Buch der National Park Geheimtips.

Als wir aussteigen versteckt sich die Sonne immernoch, aber der Blick über den Ozean läßt ein wenig Hoffnung, denn am Horizont kann man tatsächlich ein Stück Himmel ohne Schleier erkennen. Wir machen uns auf den Abstieg zum Strand. Vorbei an einem Zeltplatz der nur zu Fuß erreichbar ist. Es steht dort auch nur ein Zelt. Ich hoffe auch mit Menschen drin, lebenden vorzugsweise. Unten angekommen verzaubert uns der Anblick dieses menschenleeren Fleckchens Erde. Wir stehen auf einem Felsen, unter uns der Strand und hinter uns ein Tal, gefüllt mit soviel frischem Grün, dass man auf den Gedanken kommen könnte, man sei in einem anderem Teil der Welt. Unter uns im Strandsand entdecken wir Spuren. Keine menschlichen, dass ist schnell klar. Wir erinnern uns daran, dass Berglöwen hier gar nicht unüblich sind. Da die Spuren sehr frisch aussehen, verfolgen wir sie nicht weiter und begeben uns weiter runter an den Strand. Ist im Fall des Falles bestimmt sicherer.. Katzen mögen ja kein Wasser.

Der Strand an sich offenbart sich erst auf den zweiten, den genaueren Blick. Wir tapern durch kleine Felsengruppen und wenn man genauer hinschaut, entdeckt man allerlei pussierliches Krabbelzeug. Wir erinnern uns auch daran, dass es hier so etwas wie Gezeiten gibt und die Felsen in der Brandung sicherlich den Großteil des Tages von Wasser bedeckt sind. Wie dem auch sei, wir erblicken Seesterne, Krabben, eklige Asseln, die sich auf wirklich wunderbar mit Muscheln beseelten Felsen tummeln und andere komische Wesen, die ich jedenfalls nur aus dem Meeresmuseum in Stralsund kenne. Großartig..

Der Entdeckergeist holt einen heim und wir tapsen vorsichtig von Fels zu Fels, in der Hoffnung, immer wieder etwas neues zu sehen. Nebenher bemerken wir, dass Wasser kommt zurück.. Aber so langsam, dass wir uns nicht sofort zurückziehen müssen.. Der Strand jedenfalls fesselt uns und die Tatsache, dass wir allein sind, macht es noch phantastischer.. Und die Sonne? Fehlt hier keineswegs..

Nach anderthalb Stunden treten wir völlig benebelt von all der Natur den Rückweg an. Es ist halb Neun.. Wir wollten ja eh nur mal kurz runter.

Da wir ja lernfähig sind, geht es diesmal direkt in die Stadt, denn ich habe keine Lust auf einen erneuten ‚HUNGER MACHT BÖSE‘ Blick. Kaum in Crescent angekommen, wird nicht lange gefackelt, wir wählen so ziemlich das erstbeste Lokal, was wir erblicken. Das Apple-Peddler Family Restaurant.. Ein Restaurant, dass, wenn man erstmal eingetreten ist, wirkt wie aus einer anderen Zeit.. nein, anderen Welt. Einer farbenfrohen Welt voller Leute, die auf Äpfel stehen und sich nicht daran stören, dass diese rosa sind.. Aber, man kann ja auch rausgucken. Die Karte allerdings sah vielversprechend aus und in unserem unbändigen Entdeckergeist haben wir mal so richtig ins rosa gegriffen, bzw. Tina.. Ich habe mir ein 5000KCal Standardfrühstück bestellt und Tina etwas Kleines, dazu aber eine Spezialität. Biscuits and Gravy nannte sich das, was da auf dem Teller angerauscht kam und schon beim Anschauen Lust aufs wieder ausbrechen machte. Das Gericht bestand aus kleinen Törtchen, die nichtmal ohne den Rest besonders lecker waren und einer Art Soße. Diese Soße allerdings… Bäääh.. Und dann noch auf furztrockenen und süßen Küchlein.. Ein Gedicht, aber ein schlechtes.. Gut, man muss ja nicht aufessen. Bäh.. Bäääh.. Igitt.. Pfui.. nie wieder!!

Wohlgestärkt, zumindest ich, machten wir uns anschließend auf den Weg in die Redwoods. Also ab auf die 101 und ja, nicht ein zweites Mal die Abbiegung auf den Redwood Highway verpassen. War beim ersten Versuch gar nicht so einfach.. Weiß aber auch nicht mehr warum, denn jetzt auf der Karte siehts sehr eindeutig aus. Bestimmt noch Gedanken an Bisuit & Gravy.. Pfui.. Kaum auf dem Higway eingebogen befindet man sich in tiefstem Riesenbaumwald und alle Bäume.. natürlich, rot. Wir fahren einige Meilen und suchen nach dem Simpson-Reed Grove Wanderweg, einem kurzem kleinen Rundweg in typisch amerikanischem Stil (kurz, rund flach und wenns geht noch aspaltiert), aber wir finden ihn nicht. Fahren noch ein paar Meilen und müssen dann entnervt feststellen, dass wir den Weg vor lauten Bäumen nicht finden. Ich wende.. Auf der Rücktour entdecke ich ein Hinweisschild mit genau der Aufschrift, die wir suchten.. Toller Hinweis. Man kann ihn nämlich nur aus der anderen Richtung erkennen, aber ich weiß schon, was man jetzt wieder denkt. Der is garantiert wieder zu schnell gefahren und hat das Schild deshalb nicht gesehen.. Falsch.. Die Straßen dort waren wirklich sehr schön und ich hätte die Einladung gern angenommen, aber meine Mitspieler hatten das Spiel nicht verstanden und waren in der Überzahl.. Ach ja und laaangsam..
Wie dem auch sei, wir parken den Wagen am Straßenrand und tauchen ein in die Welt der Uhrzeitbäume. Meinte natürlich Urzeitbäume.. So riesige Dinger.

Das Gefühl beim Durchschreiten dieser Landschaft kommt sicher dem einer Ratte nahe, die in einem deutschen Mischwald (bevorzugter Lebensraum der Wanderratte) nach Nahrung sucht, nur dass sie sich bestimmt nicht andauernd denkt ‚Man, krass hohe Bäume..‘. Auf jeden Fall fange ich wieder an mich mit der Kamera zu verlieren, obwohl mir das Licht nicht wirklich schmeckt (Wonach schmeckt Licht eigentlich?) und das auch nciht, als sich die Sonne von oben durchs Dickicht kämpft. Meine Begleitung, eine Himalayratte und schön anzuschauen, erinnert mich daran, dass wir noch ein Zelt abzubauen hätten. Stimmt.. Und das auch noch bis um 12e. Also Kamera schlafen legen und ab zum Wagen.

Den Zeltkrempel haben wir dann noch rechtzeitig verstauen können. Wahrscheinlich hätte die Platzhexe gar nicht gemerkt, wenn wir überzogen hätten oder viel schlimmer, uns mit einem Schlechtwetterfluch belegt, was ziemlich blöd gewesen wäre, denn das Wetter hatte sich gerade auf unsere Seite geschlagen.

Also, Tina hat das Zelt abgebaut. Ich.. Ich habe aufgepasst..
Also, Tina hat das Zelt abgebaut. Ich.. Ich habe aufgepasst..

So, jetzt saßen wir also wieder im Auto, bereit für neue Wege, aber so ganz konnten wir uns vom RedWood und ich mich von der Küste, noch nicht trennen. Das Buch der SuperWanderWege aufgeschlagen und schnell noch ein kleines Ziel raussuchen. Wir wählen den Hidden Beach..
Die Anfahrt an sich ist total langweilig. Wir landen auf einem Tourimäßig aussehenden Parkplatz, an dem sich ein malerischer Teich befindet.

Zeitgleich mit uns trifft einer dieser gelben Schulbusse ein und kotzt unzählige kleine Amerikaner aus. Das idyllische Geschrei dieser kleinen Monster trägt sehr zum Wohlfühlen bei und wir beschließen für immer an diesem wunderbaren Ort zu bleiben. Wir flüchten.. Wobei, wir finden den Wanderweg gar nicht recht. Es gibt am Ende des Parkplatzes zwar ein Hinweisschild, dort steht aber nix vom Hidden Beach. Sollte uns das bei dem Namen unseres Ziels zu denken geben? Wir wagen uns mutig in den Wald. Meter für Meter tiefer.. Immernoch kein Hinweis auf den Strand. Zu unserer Rechten erblicken wir eine große Wanderdüne, vielleicht ja dahinter, aber so recht glauben wir es nicht. Es geht weiter.. Nach ner viertel Stunde Marsch dann doch eine Wegmarke, aber auch hier kein Hidden Beach eingezeichnet. Wir folgen unserem Instinkt zum Coastal Trail..

immer dem Instinkt nach
immer dem Instinkt nach

Eine gute Wahl, denn neben der erholsamen Ruhe, man kann die kleinen Teufel nicht mehr hören, nur noch das beruhigende Rauschen des Highways, tauchen wir ab in eine Art Hexenwald. Eng gewachsenes Gestrüpp versperrt den Blick zum Himmel und einen Weg können wir auch nur noch erahnen. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Alsbald queren wir einen seltsamen Ort. Nehmen wir mal an, es gäbe Hexen. Sie würden sich hier treffen. Eine runde Lichtung inmitten der zu Bäumen erstarrten Seelen. Man kann fühlen, wie sich die Geister gewehrt haben, bevor sie Gestalt eines Baumes annahmen. Aber vielleicht auch einfach nur ein abgeschiedener Platz, den die Einheimischen zum Trinken und kacken aufsuchen. Wir also weiter.. Nach einer halben Stunde Marsch lichtet sich das Blattwerk und eröffnet uns den Blick auf den Ozean. Der davorliegende Strand wird er wohl sein.. Der Hidden Beach..

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Wirklich sehr versteckt und selten besucht, denn der Weg, durch den wir uns nun schlagen müssen, ist beinahe Hüfthoch (und ich meine meine Hüfthöhe) zugewuchert. Unten angekommen entspannt sich die Situation. Der Strand wirkt, schaut auf die Ereignisse auf dem Parkplatz zurück, wie auf einem anderen Stern. Kein Ton aus der naheliegenden Zivilisation dringt zu uns durch. Nur das Rauschen der Wellen und der Wind.. Traumhaft..

Tina läßt sich auf einem Baumstammsofa nieder und ich krieche total verzückt über den Strand. Eine gute Stunde läßt es sich so aushalten, immer mit einem Auge auf meine Begleitung, die sich immernoch in der Sonne aalt. Aber so langsam rückt die Zeit wieder ins Bewusstsein und wir machen uns auf den Rückweg. Dieser Strand erhält auf jeden Fall eine ganz große Biene.

Zurück auf dem Parkplatz müssen wir feststellen, dass wir auch hier mittlerweile allein sind. Wie tragisch.. So können wir uns in Ruhe mit der Planung des weiteren Weges auseinandersetzen. Was war doch gleich das Tagesziel? Wie dem auch sei.. Wir geben dem ins Navi ein und es spuckt halb sieben als Ankunft aus. Klingt doch prima.. In Crescent City gibs noch kurz nen Kaffee und ab geht die wild Fahrt. Obwohl, ich möchte ganz kurz auf den Kaffee eingehen.. Es handelte sich natürlich wieder um eines dieser kleinen Kaffeehäuschen am Strassenrand. In diesem saß aber keine Amerikanerin, wenn man das überhaupt so sagt, sondern eine asiatische Amerikanerin. An sich kein Problem, aber ihr Englisch und meines.. Ich wollte einen Caramel Machiato und bin mir sicher, dass man das verstehen konnte, klappte ja bisher auch problemlos.. Sie aber, sie wollte mich nicht verstehen. Wir haben uns dann auf das Angebot des Tages, der Woche oder des Jahres geeinigt. Jedenfalls deutete ich mit meiner Hand auf das grossgeschriebene Wort auf dem Menu. Dort stand Caramelito.. Wird schon was in die Richtung sein. Auf jeden Fall bin ich innerlich grummelnd abgezogen. Nach einigen Meilen, wir mussten übrigens quer durch den Redwood, sehr schön, nahm ich einen ersten Schluck und war äußerst positiv überrascht. Das Getränk hatte nicht viel mit Kaffee zu tun, war aber verdammt lecker.. Caramel mit einem winzigen Hauch von Blaubeere. Leider werde ich so schnell nicht herausfinden, ob die Kombination so gewollt war oder ob es sich bei dem fruchtigen Nebengeschmack nicht doch um Asiatenrotze handelt.. Tinas Getränk jedenfalls war nicht so aromatisch. Die Strecke war auf jeden Fall ein Erlebnis. Der Highway 199, auch Redwood Highway genannt, führt halt quer durch den Wald. Die Seiten gesäumt von diesen riesigen Bäumen. Und da war er wieder, der innere Vergleich mit Deutschland. Stell Dir vor, du fährst mit dem Wagen von Jan und Tini durch einen Wald und blickst die Bäume hinauf.. So ungefähr, nur in echt..

So langsam ging unser Treibstoff zur Neige und auch mein klebrig süßes Getränk neigte sich dem unvermeidlichen Ende. Wir waren aber immernoch in Californien und hier, hier ist der Sprit furchtbar teuer, also Fuß vom Gas und ganz ruhig nach Oregon segeln. Aber als wir die Staatsgrenze überfahren (keine Angst, es wurde niemand verletzt), kommt meilenweit keine Tanke. So langsam wird aber wirklich knapp. Nach weiteren 10 Minuten Fahrt erreichen wir endlich die ersehnte Oase und was für eine. Wir erreichen O`Brien. Einen Ort, der aus kleinen Holzbuden, einer Tanke und nem General Store besteht. Allerdings sieht der Store und sein drumherum wie ein Drehort für einen Verbrecherfilm aus dem 50er aus.. Wirklich zauberhaft, jedenfalls in meinen Augen. Denn vor dem Laden ist der alte Police Plymouth der Gemeinde postiert und lädt zum verweilen ein. Nebenher haben wir natürlich auch aufgetankt.

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Und weiter ging die wilde Fahrt.. Die Sonne ging schon langsam in die Knie, aber wir waren, jedenfalls laut unserem Schlaumeiernavi, noch lange nicht am Ziel. Wir dachten allerdings, dass die Reise für heute nahe dem Ende wäre, denn am Horizont erblickten wir einen schneebedeckten Gipfel. Wir halten an und finden uns in einer dieser verrückten Situationen, in denen man bei 25Grad in der Sonne steht und Schnee am Horizont erblickt. Der Anblick versetzte uns in einen kleinen Rausch, der darüber hinwegtäuschte, dass wir uns für heute ne echte Mammutstrecke aufgehalst haben und so gar nicht wußten, wo wir heute Abend unser Lager aufschlagen.

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Aber je länger wir den monotonen Anweisungen des Navigationsgerätes folgten, desto weiter entfernten wir uns auch wieder von diesem riesigen Sahnehäubchen und wie sich später, nämlich gerade eben, herausstellt, war es natürlich nicht der Gipfel des Crater Laker, sondern der gute alte Mount McLoughlin. Komisch nur, dass von diesem Berg gar nichts in unserer Encyclopedia Galactica steht, stehen doch sonst jede Menge unschätzbar wertvoller Infos drin. Nun gut, fahren wir also weiter. Dem Sonnenuntergang entgegen.. Nach weiteren 80 Meilen erreichen wir endlich den Fuß des Crater Lakes. Die Dämmerung hüllt die Gegend schon in ein sehr muscheliges Licht und Leute sind auch kaum zu sehen. Kein Wunder, ist ja schließlich auch schon dreiviertel Acht. Wir schrauben uns langsam hinauf und das Thermometer sagt uns, wir sind hoch. Die Temperatur fällt rapide und je höher wir kommen, desto gewisser wird die Tatsache, dass dort oben Schnee liegen wird. Spätestens nach dem zaghaften Durchfahren eines langsam wieder gefrierenden Schmelzwasserbächens wird klar, hier ist noch Winter. Oben angekommen, stehen wir im Schnee. Die Berghütte ist noch komplett eingeschneit und wir kramen schnellstmöglichst alles an Klamotten zusammen, was wir finden können und werfen es uns über. Dick eingemummelt wagen wir uns raus. Nebenbei, wir sind natürlich allein auf weiter Flur.. Der Weg zum Krater ist halbwegs geräumt und wir kommen ziemlich nah an den Rand. Der uns zu Füßen liegende Bergsee, die einheimischen nennen ihn Crater Lake, entschädigt für Alles.. Na gut, für alles nicht ganz, aber wenigstens für die Fahrt. Das wir nur nen VW Passat bekommen haben, kann auch dieser Anblick nicht wieder gutmachen.

Nach dem wir durchgefroren sind und auch ein wenig durch den Tiefschnee gestapft sind, dämmert wieder die Vernunft und fragt, wo schlaft ihr heute eigentlich. Gute Frage, aber die Antwort suchen wir lieber im Auto. In der Gegend um uns herum gibt es allerdings kaum größere Orte, also auch kaum Chancen auf eine Unterkunft. Wir entscheiden uns weiter westlich zu fahren, da uns die Richtung bei unserem eigentlichen Ziel entgegenkommt. Wir versuchen uns also zum Highway 97 durchzubeißen. Die kläglichen Reste des Sonnenlichts im Nacken fahren wir durch eine zauberhafte Landschaft. Im Schatten des Gipfels erstrecken sich kleine Ansammlungen von Häusern, ohne Motels.. grrr und saftige Weiden, auf den noch saftigere Rindviecher umherstehen. Ich muss unvermittelt anhalten und ein zwei Bilder von dieser göttlichen Szenerie machen.

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Gut, es war auch niemand anders auf der Straße, aber das erfreut in diesem Fall um so mehr.. Einige Meilen weiter muss ich wieder halten und so geht es einige Male. Habe ich eigentlich schon mal erwähnt, das ich meine Begleitung liebe?!

So langsam verschwindet aber auch der letzte Lichtstrahl und wir haben immernoch kein Bett (die Idee mit dem Zelten haben wir ganz schnell begraben, wird nämlich dolle kalte, wenn die Sonne weg ist). Als wir am Highway 97 ankommen, sagt uns das Navi, das wir quasi umzingelt sind von Schlafmöglichkeiten. Hmm.. links oder rechts.. Links oder rechts.. Wir biegen nach rechts ab. Nach gefühlten 100 Meilen, laut Karte nur 6, können wir einen RV Park erkennen. Als wir näher rankommen auch ein Schild mit der Aufschrift Restaurant und Motel.. Gott sei Dank.. Wir biegen ein und poltern ziemlich müde ins Restaurant. Es ist leer.. Einzig der Barkeeper ist da und damit beschäftigt, seinen Laden vom Dreck der letzten Stunden zu säubern. Auch wenn es im ersten Augenblick nicht danach aussah, gab er uns dann doch noch ein Zimmer, allerdings eines ohne TV. Egal, 44$ sind fast so günstig wie zelten. Erleichterung.. Dann schenkt er uns allerdings doch noch eine ein, denn die Küche hat leider schon lange zu. Na toll.. Und nun? Hungrig ins Bett? Ich?! Und dann noch nicht einmal nen Fernseher? Er meint allerdings, drei Minuten weiter runter gibs ein Casino und auch was zu essen. Aha, wir sind also auf Indianerland. Mit knurrendem Magen und dem Schlüssel fürs Zimmer wollen wir uns auf die Suche nach dem Casino begeben, allerdings sind wir nicht die Einzigen auf dem Parkplatz. Da hat noch jemand Hunger. Ein Wolf streicht seelenruhig über den Parkplatz und wirft uns einen wohlwollenden Blick zu. Alles klar, denke ich mir.. Hier gehe ich erst wieder allein aus dem Zimmer, wenn es hell geworden ist. Aber was ist schon ein Wolf, wenn man Hunger hat. Ab ins Auto und auf zum Casino.. Tatsächlich kommen wir ziemlich schnell zu einem indianischen Casinokomplex, aber hier gibt es ausser einer Tanke nur das Casino und Casinofein sehen wir augenblicklich wirklich nicht aus. Ok, also Tankenfastfood, aber so ein wunderbar eingeschweißtes American Sandwich schmeckt auch nach Tagen im Kühlfach noch wie am Produktionstag. Aber so besiegen wir wenigstens den Hunger und können völlig geschafft, aber beseelt ins Bett fallen.

Gute Nacht.

Bei den 235 Meilen sind die Eskapaden zum Strand und so nicht mit dabei.. War ein lange Tag
Bei den 235 Meilen sind die Eskapaden zum Strand und so nicht mit dabei.. War ein lange Tag